Tagebuch

Dreharbeiten in Deutschland und Polen

Als ich im April dieses Jahres zum ersten Mal nach Breslau reiste, tat ich dies mit dem Bild, das ich von dem Polen hatte, dem ich 2001 zum ersten Mal begegnete, als ich für ein paar Tage nach Łódź reiste. Man bleibt bei dem, was man kennt. Die Zeit vergeht nur an den Orten, die wir erleben. Einige Vorurteile, die ich in Deutschland gehört hatte, taten ein Übriges, denn ich war immer wieder überrascht, wie “europäisch” die Stadt ist. “Das ist nur eine weitere europäische Stadt”, sagte ich mir immer wieder. Der Egoismus des Touristen, der nur das sehen will, was er will, und das, was er nicht will, enttäuscht ihn. Wenn man in eine “moderne” Stadt fährt, will man das Neueste der Moderne sehen. Wenn man in ein “peripheres” Land fährt, will man pittoreske Dekadenz sehen. Aber es gibt etwas dazwischen, denn wenn man sich genug Zeit nimmt und sich ein bisschen mehr bewegt, beginnt man, die Komplexität, die Vielfalt der Stadt zu sehen, die eigentlich alle Städte haben.



Seitdem hallt das Wort “Schichten” in meinem Kopf nach. Ich weiß nicht genau, wann, aber es wurde immer präsenter, lauter und lauter. Schon bei den Dreharbeiten im Juni/Juli hörten wir es und sahen “Schichten” überall. Ein Thema, das mich schon immer gereizt hat … an der Farbe kratzen, um zu sehen, was darunter ist.

Eine andere Sache, die mich überrascht hat, waren die Menschen in der Stadt. Sie sind sehr freundlich und offen, so dass ich völlig vergaß, dass ich mit Menschen aus einem Land sprach, das ich kaum kannte. Sie verstehen den Spaß sofort… und sie antworten einem auch. Man erkennt Charaktere und Persönlichkeiten: Ah, der hier sieht aus wie so und so und der da erinnert mich an welchen Freund. Genau so ist es. Sie zeigen mir ihre Gefühle auf eine Art und Weise, die mir vertraut ist.

Wrocław… “Faraway, so close!”*

//

“Wrocław/Breslau”

Kurzer Dokumentarfilm – Wrocław von 1945 bis heute

(©Deutsches Auswandererhaus 2023)

Regie, Kamera und Schnitt: Martín Granata

Drehbuch, Interviews und Redaktion: Marie Grünter (DAH)

Produktion: Dr. Simone Blaschka

Kameraassistenz: Liliane Reufels

Interviewassistenz: Phillip Trzaska